Aphasie Segeln 2024
18.08-25.08.2024
Aphasie-Segeln 2024
Bereits im vierten Jahr in Folge haben sich auch in diesem Sommer wagemutige, Aphasikerrinnen und Aphasiker zusammen getan, um das Wagnis eines Segeltörns auf der Ostsee einzugehen. Ermöglicht wird es durch den Verein Rollisegler e.V. in Ueckermünde und viele Ehrenamtliche. Was sich auf den ersten Blick nach entspanntem Urlaub anhört, ist für alle Beteiligten vor allem für Menschen mit eingeschränkter Sprache und eingeschränkter Körperfunktion ein einziges langes Trainingslager. Das Leben an Bord ist herausfordernd. Einkaufen, kochen und auf See essen, aber auch spülen und putzen müssen gemeinsam erledigt werden. Und dann ist da natürlich noch das Segel: Selbst unter Anleitung einer qualifizierten Crew müssen die semännischen Arbeiten erledigt werden: Ab- und Anlegen im Hafen, das Segel setzen und wieder einholen auf dem Meer, all das sind Aufgaben, die das Team gemeinsam erledigt. Dabei gehen praktisch alle an ihre sprachlichen, sozialen und physischen Grenzen.
Start und Zielort sind in der Regel der Liegeplatz des Schiffs, der Wappen von Ueckermünde. Um auf die Ostsee zu gelangen, gibt es nur einen Weg durch die Kaiser-Fahrt nahe der polnischen Stadt Swinemünde. Nachfolgend ein paar Auszüge aus dem Logbuch:
Heute am ersten Tag sind wir nach dem Ablegen in Ueckermünde durch den Greifswalder Bodden mit 27 Knoten Windgeschwindigkeit (das sind gut 50 km/h!!) mit nur zwei Segeln gesegelt. Dabei hat das Schiff über 7 Knoten Geschwindigkeit erreicht. auf diese Weise sind wir schlechten Wetter ausgewichen und relativ früh im Zielhafen Gager angekommen. Da das Fahrwasser hier sehr schmal ist, müssen rechtzeitig die Segel gerefft werden. wie genau das geht und welche Handgriffe dabei zu erledigen sind, wird während des Segelns erklärt.
Nach einer Nacht im Hafen und einem ausgiebigen Frühstück ist die Besatzung relativ spät aus Gager abgesegelt. Auf dem Rückweg, durch das enge Fahrwasser war noch Entspannung angesagt, doch dann um etwa 13:30 Uhr wurden wieder Segel gesetzt. Ein herrlicher Tag auf dem offenen Wasser war die Belohnung.
Schon um kurz vor drei konnten wir die Segel wieder bergen, weil wir unserem Ziel Peenemünde nahe gekommen waren, beziehungsweise dort im Fahrwasser ohne Segel in den Hafen nach Peneemünde ein fuhren. Nachdem alle dachten, es sei ein guter Platz für die Nacht gefunden, wurde es noch mal spannend. Die Crew hatte einen Behinderten gerechten Platz zum Ausstieg für alle Gehbehinderten gefunden. Dann haben uns aber leider das Kreuzfahrtschiff Junker Jörg und der Zweimaster Weiße Düne von unserem Liegeplatz vertrieben, die diesen Platz reserviert hatten und auch benötigten. Nach einigen Diskussionen mit den Verantwortlichen im Hafen, konnte jedoch noch ein Platz für die Nacht ergattert werden…
Der letzte Tag unseres Segeltörns auf der Ostsee fing ebenfalls aufregend an, denn es gab kleinere Probleme beim Ablegen … Das Manöver klappte nicht und wir mussten es noch einmal wiederholen indem die zum Ablegen notwendige Leinen umgelegt wurden. Dann klappte es. Dieser Liegeplatz war wirklich etwas über Kreuz mit uns. Danach ging es nach einer kurzen Strecke unter Motor wieder ans Segel setzen. Diesmal setzte die Crew drei Segel. Mit einem günstigen Wind konnten wir ohne zu kreuzen, fast auf gerader Linie unser Zwischenziel, die Kaiserfahrt bei Swinemünde erreichen.
Wer dachte, dass nun körperliche Erholung auf dem Programm stand, sah sich getäuscht. Die Ruhe und Enge in der Kaiser-Fahrt nutzte die Crew, um das Deck zu schrubben. Was sich im ersten Augenblick nach Schikane anhört, hat aber einen wichtigen Hintergrund, denn in die feine Holzstruktur des Decks setzen sich mit der Zeit Algen ab, die mit dem Salzwasser aus der Ostsee herausgearbeitet werden müssen. Der ein oder andere blinde Passagier in Form von Spinnen, durfte sich in dem Zuge ebenfalls eine andere Mitfahrgelegenheit suchen. Am Ende der Kaiser-Fahrt war das Team mit den Säuberungsarbeiten an Deck fertig und es ging wieder ans Segelsetzen. Alle freuten sich auf eine sonnige und angenehme Fahrt durchs Haff, das Ziel Altwarp, unserem letzten Liegeplatz vor Ueckermünde fest im Auge.
Unser letzter Tag durch das Haff brachte noch mal traumhaftes Segelwetter und wir konnten sogar den Geschwindigkeitsrekord des Törns brechen und fast zehn Knoten schnell segeln. Nach einem gekonnten Anlegemanöver der erfahrenen Skipper am Zerum in Ueckermünde (der Hafen ist sehr eng und das Schiff muss gewendet werden) gab es noch eine letzte Stärkung aus der Kombüse. So ging das gemeinsame Schiffputzen und Aufräumen noch einmal etwas leichter von der Hand, auch wenn alle am Ende der Woche erschöpft, aber glücklich waren.
Dieser Bericht wurde von Frank Jablonski verfasst.